Gebrüder Winkelmann  Bildhauer und Silberschmiede
Christof und Michael Winkelmann
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Mit jedem Material Arbeiten

Im Portait Christof Winkelmann über Kunst und Handwerk

 

 "Er ist ein ganz lieber Mensch, eigentlich ganz normal", sagt die beste aller Ehefrauen und lächelt. "Ein Multitalent", sagt sie, und lächelt noch einmal. Christoph Winkelmann lächelt auch. 75 Jahre ist er geworden am 28. September: Herzlichen Glückwunsch!

Christoph Winkelmann freut sich, blättert in einem Fotobuch, das ihm die Freunde zusammengestellt und mit handschriftlichen Glückwünschen versehen haben. Auf einem Großformat kniet er vor dem Gedenkstein für die Möhnekatastrophe, der jetzt am Fuß der Sperrmauer steht und lächelt still den mehr als mannshohen Stein an – das Bugsieren mit dem Lkw-Kran, es war eine knifflige Sache, der Fahrer hat seine Sache gut gemacht, und mit viel Gefühl. Nun steht der Stein, nichts ist zu Bruch gegangen, es ist vollbracht: Es ist dieser Moment der inneren Zufriedenheit, dass ein Werk gelungen ist, der auf dem Bild zu sehen ist, und beim Betrachten durchlebt der Künstler diesen Moment sichtlich noch einmal.
Dabei: "Künstler", das will Christoph Winkelmann gar nicht sein, dieses Wort mag er gar nicht: "Gestaltendes Handwerk, angewandte Kunst", sagt er, "das trifft es besser." Vom Handwerk kommt er: Graveur habe er gelernt, erzählt Christoph Winkelmann und greift nach einem Stück Industriestahl.

Groß ist es nicht, aber es wiegt schwer in der Hand. "Mein Gesellenstück", erläutert Winkelmann und beschreibt den Arbeitsprozess, wie er damals die beiden Löwen herausgearbeit hat, die einen Schild halten, der sich mit einem Helm ziert und von ein paar Bändern umflattert wird: Handarbeit war das. "Einen Meißel fürs Grobe, Stichel fürs Feine, Punzen für die ganz feinen Strukturen...". Winkelmann holt einen Apostel herbei und zeigt: "Hier und hier im Gewand, da sieht man's auch", so erklärt er, wie beim Schlagen die feinen Details wie mit einem Stempel ins Silber übertragen wurden. Aus zig Einzelteilen besteht die innen hohle Figur, wurde anschließend zusammengelötet. Auch das verlangt viel Geschick. "In Silber treiben, das macht heute kaum noch einer", sagt Winkelmann: "Ich wüsst's jedenfalls nicht."

Stahl und Silber, Holz und Stein – Christoph Winkelmann arbeitet mit jedem Material. "Es ist immer alles nur Schauen und Ausprobieren", sagt er und schaut wieder auf seinen Block aus Industriestahl: Wochenlang habe er mit der Feile üben müssen, wie man eine wirklich gerade Fläche schafft, erinnert er sich: "Das schult das Auge." Die Gesellenarbeit gefiel so gut, dass er "Papa Heuß" die Hand drücken durfte. Der Bundespräsident beglückwünschte die Besten des Jahrgangs.

Winkelmann blättert inzwischen in einem ganzen Stapel von Fotobüchern: Die Arbeiten der letzten Jahrzehnte hat er zusammengetragen, er arbeitet an einer Dokumentation. "Hier", zeigt er: "Das ist der erste Altar in Bad Westernkottern. Das war der erste Altar, wo ich Figuren gekloppt habe, damals, in den kühlen Sechzigern, wo alles so schlicht sein musste...". 140 Altäre hat Winkelmann so bearbeitet, es können auch ein paar mehr sein. "Ein Tonmodell dient als Vorlage, und dann geht es an die Arbeit: Erst die Umrisse, die kloppt man rein in den Stein, und dann folgen nach und nach die Details. Schwierig wirds immer, wenn's um die Ecken geht, da muss man aufpassen, dass das Bild noch stimmt, die Proportionen passen. Gesichter, die sind immer schwierig: Ein falscher Schlag, und schon ändert sich der gesamte Ausdruck....". Und vom Stress erzählt er: "Vier Reliefs in einer Woche und ein Ambo, da weiß man, was Arbeit ist..."

"Opa kann einfach alles", strahlt die beste aller Ehefrauen noch immer: Christa, die damals noch Wippermann hieß, lernte ihren Christoph im Judo-Kurs kennen und legte ihn erst mal auf die Matte. Seit 1969 sind die beiden verheiratet, zwei Töchter machten das Glück perfekt, vier Enkel sind heute stolz auf ihren Opa, der so viel kann: Umbauen, ausbauen, Möbel zimmern, Kamine gestalten – Kakteen züchten: Die stacheligen Gewächse liebt Christoph Winkelmann über alles, in den besten Zeiten hatte er 2000 Exemplare im Gewächshaus im Garten versammelt. Musik, die liebt er auch, handgemacht und unbekümmert: Bei den "Jazzpropheten" zupfte Winkelmann zunächst den Kontrabass, dann für John Holmes und seit gefühlt ewigen Zeiten in der Hinterhaus Jazzband.

Wie er vor 50 Jahren dem Buddha im Bamean-Tal in Afghanistan auf dem Kopf herumturnte, mit seinem Freund und seinem treuen – und grundehrlichen – VW-Käfer einen geheimen Flughafen entdeckte und deshalb beinahe von den Russen als Spion verhaftet worden wäre, wie er mit dem Orchester Kurt Edelhagen ins Radion kam, wie schön die Kindheit auf dem Bauernhof in der Elfringhauser Schweiz bei Bochum war, auch davon erzählte Christoph Winkelmann beim vierstündigen Treffen. Und von der lebenslangen Zusammenarbeit mit Bruder Michael: "Keiner von uns hätt's alleine schaffen können", sagt Christoph Winkelmann: "Wir ergänzen uns."

Er lächelt wieder: "Sollen wir uns mal die Kakteen anschauen?" Eine große Spinne hat ihr Netz gespannt, zwischen zwei bepelzten Säulen. "Ich hole mal schnell eine schwarze Pappe. Ist immer so schwierig, das Netz richtig mit aufs Bild zu bekommen." Er lächelt versonnen in die Kamera: "Mit so einer müsste das doch funktionieren", sagt er und verschwindet mal eben.... Ein schöner Tag. Opa ist glücklich – und hat noch so viel zu erzählen.

 

Mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Vogt vom des Stadtaneigers am Sonntag vom 4.10.2015. Text und Bilder Brüggestraße.